Artikel aus dem WDR vom 24.11.2016
Der Darm – ein Organ der Superlative
Er verarbeitet rund 30 Tonnen Nahrung und 50.000 Liter Flüssigkeit in einem Menschenleben. Auseinandergefaltet bringt er es, aufgrund seiner zahleichen Darmfalten und Erhebungen, auf eine Fläche von 300 – 500 qm – und ist damit größer als ein Tennisplatz. Und neueste Studien sagen: er ist Wohnort von rund 1000 Bakterienarten. Die Bakterienkolonien wiederum bringen rund 1,5 Kilo auf die Waage.
Die Darmflora eines Menschen ist so individuell wie der Fingerabdruck, im Gegensatz zu diesem ändert sie sich aber ständig – je nach Umweltbedingungen und Nahrung.
Im Darm befindet sich ein Großteil unserer Immunzellen, 90% unserer Antikörper werden im Dünndarm gebildet. Hier kämpfen also gute gegen bösen Bakterien.
Ein Bruchteil der Bakterien der Darmflora ist „gut“ für uns: die Probiotika. Bifidobakterien, Laktobazillen, einige E.Coli Bakterien oder Enterkokken sind einige solcher nützlicher Bakterien. Ihre Aufgabe: „schlechte“ Bakterien und Keime, also solche, die krank machen könnten, bekämpfen oder Vitamine produzieren – wichtig für unser Immunsystem.
Darmflora und Antibiotika
Gift für alle Bakterien ist eindeutig Antibiotika. Denn das macht nicht nur die schlechten, also krankheitserregenden, sondern auch die guten Bakterien einfach „platt“.
Lange dachten Forscher und Mediziner, dass sich die Darmflora nach einer Antibiotikaeinnahme selbstständig regeneriert. Das tut sie aber häufig nicht vollständig, und man kann noch Monate später Beschwerden haben.
Schlecht für den Darm
Neben einer Behandlung mit Antibiotika können Stress und eine schlechte Ernährung mit zu viel Zucker und Fett, zu viel Kaffee und Alkohol die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen. Der Volksmund sagt es: dem einen schlagen schlechte Nachrichten auf den Magen, der andere hat „Schiss“ vor einer Prüfung und. Hirn und Darm sind über Nervenfasern direkt verbunden, die beiden Organe tauschen sich ständig aus. Weniger Stress im Kopf kann also auch den Darm beruhigen.
Vorsicht bei Präparaten mit Pro- und Präbiotika
Soll ein Mittel wirken, muss es eine gewisse Dichte an Bakterien haben, sie sollte je nach Bakterium bei 10 hoch 6 bis 9 liegen. Das haben viele Präparate aus der Drogerie nicht, und bei den Produkten im Internet sind sie in vielen Fällen gar nicht oder unzureichend angegeben. Wer nicht weiß, welche Bakterienstämme ihm fehlen, riskiert Nebenwirkungen. Diese können die ursprünglichen Beschwerden verschlimmern – häufigere und weichere Verdauung, Blähungen, Krämpfe.
Keineswegs nehmen dürfen sie aber Patienten, die eine Immunschwäche haben, zum Beispiel Krebspatienten.
Auf jeden Fall: vorher den Arzt fragen und gegebenenfalls eine Darmfloratest machen lassen. Der Darmflora-Test wird meist in der Naturheilkunde eingesetzt. Manche Mediziner sehen den Test kritisch, da er nicht die komplette Darmflora erfassen könne. Einen guten Befund über die Gewichtung von nützlichen oder eher schädlichen Bakterien bietet er aber dennoch.
Die Kosten werden von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen, er ist eine so genannte IGEL Leistung, bezahlen muss man je nach Umfang 60 bis 150 Euro.
Gut für den Darm
Neben Bewegung und Entspannung ist die richtige Ernährung der dritte Pfeiler für eine gute Darmgesundheit. Ganz wichtig: die Probiotika, gute Bakterien, die ganz natürlich in Lebensmitteln vorkommen.
Top 5 der Probiotika
- Dickmilch und Kefir
- Joghurt
- Sauerkraut
- rote Beete
- eingelegte Gurken
Die darin enthaltenen probiotischen Bakterien können Fettsäuren herstellen und damit die Darmzotten (Erhebungen im Darm) pflegen. Diese wachsen dadurch besser, und können mehr Mineralstoffe und Vitamine aufnehmen. Je stabiler sie sind, desto weniger „Müll lassen sie durch“, d.h. umso widerstandsfähiger sind sie gegenüber Krankheitserregern.

Zur Stärkung der Darmflora sollten eines oder besser noch zwei der probiotischen Nahrungsmittel täglich auf dem Speiseplan stehen. Bei Sauerkraut wichtig: nur das frische, vom Markt oder aus dem Reformhaus nehmen, nur das enthält genügend probiotische Bakterien. Das industriell hergestellte Kraut wird hocherhitzt, dabei werden die guten Bakterien getötet.
Bei Joghurts darf es auch normaler Joghurt mit lebenden Kulturen sein, es muss keiner mit künstlich zugesetzten Bakterien sein. Denn es ist nicht erwiesen, wie viel probiotische Bakterien den Darm wirklich erreichen. Und: sie enthalten sehr viel Zucker. Das wiederum ist gar nicht gut für die Darmflora.
Dass der Darm gesund bleibt, dafür sind noch weitere Lebensmittel wichtig. Die sogenannten Präbiotika.
Top 5 der Präbiotika
Präbiotika sind unverdauliche Bestandteile von Lebensmitteln, also Ballaststoffe. Und Bakterien im Dickdarm lieben Ballaststoffe, sie stellen daraus gesunde Fettsäuren her, und das es fördert ihr Wachstum. Die Präbiotika sind also quasi das Futter für die Probiotika.
Die Top 5 der gesündesten natürlichen präbiotischen Lebensmittel sind:
- Spargel
- Lauch
- Chicorée
- Zwiebeln
- Artischocken

Ballaststoffreich Essen
Prinzipiell fördern alle Ballaststoffe das Wachstum der nützlichen Bakterien und damit eine gute Darmflora. Dafür sollten wir aber rund 30 Gramm Ballaststoffe am Tag zu uns nehmen – meist „schaffen“ wir nur die Hälfte.
Beispiel:
Worin verstecken sich 30 Gramm Ballaststoffe (= eine Tagesration)?
- einem Smoothie aus Orange, Banane, Karotte zum Frühstück (200 g – 3,0 g Ballaststoffe)
- zur Zwischenmahlzeit eine Paprikaschote (75 g – 2,0 Ballaststoffe)
- Mittags grüner Spargel (500 g, 7,5 g Ballaststoffe)
- oder Erbsen-Karotten-Mischgemüse (200 g, 8,8 Ballaststoffe)
- Zwischendurch eine Kiwi (90 g / 3,5 Gramm Ballaststoffe)
- und einen Apfel (150 g / 3 Gramm Ballaststoffe)
- und zum Abendessen 150 Gramm Krautsalat (3,5 Gramm Ballaststoffe)
- und zwei Scheiben Vollkornbrot (8 Gramm Ballaststoffe).
Übrigens: wer regelmäßig ballaststoffreiche Gerichte isst, bekommt manchmal richtig Heißhunger darauf. In diesem Sinne: tun Sie sich und Ihrem Darm was Gutes, essen und trinken Sie sich gesund!
